Wednesday, November 10, 2010

Isra-Mart srl:Europa total erneuerbar

www.isra-mart.com

Isra-Mart srl news:

Der Strombedarf wäre – auf dem Papier – bis 2050 durch erneuerbare Energie zu decken. Die Hürden sind allerdings hoch.

Tausende haben in diesen Tagen in Deutschland gegen die Kernkraft demonstriert. Für die Aktivisten gibt es nur eine Energieversorgung der Zukunft: erneuerbare Energie.

Die Statistik spricht allerdings trotz eindrücklichen Wachstumszahlen bei Windparks und Solaranlagen erst einmal dagegen. Der Anteil sauberer Energien wie Wind und Sonne beträgt heute 3 Prozent des globalen Stromangebots. Selbst zuversichtliche Energieexperten erwarten, dass diese Energieträger – ohne Wasserkraft – erst in zehn Jahren im europäischen Strommix eine Rolle spielen werden.

Wichtige Energiequellen

Trotzdem glauben die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers und Wissenschaftler des Potsdam-Klimainstituts daran, den Strombedarf Europas und Nordafrikas in 40 Jahren zu 100 Prozent durch saubere Energien decken zu können. Dazu präsentieren sie einen detaillierten Fahrplan bis zum Jahr 2050. Sie stellen sich ein Portfolio an Energiequellen vor: Wind in der stürmischen Nordsee; Biogas, Holz und Wind in der Region der Baltischen See und in Osteuropa, Wasserkraft in den Bergen Skandinaviens und den Alpen sowie solarthermische Kraftwerke in der Wüste Nordafrikas. Auch dezentrale Energiequellen haben ihren Platz. Fotovoltaik auf Hausdächern und Bürogebäuden, städtische geothermische Anlagen. Oder Blockheizkraftwerke, die bei Bedarf Strom liefern und Abwärme ans Heiznetz abgeben.

Diese Energiequellen werden in ferner Zukunft eine wichtige Rolle spielen, darin sind sich die Experten einig. In Europa und den USA wird heute mehr neue Kapazität an erneuerbarer Energie genutzt als an fossiler und nuklearer. Die Windkraft boomt, und die Kapazität an Solarstrom aus Fotovoltaik nimmt jährlich um 60 Prozent zu.

Stromautobahn nötig

Skeptisch wird man, wenn es darum geht, Wind- oder Sonnenstrom über weite Strecken hinweg innerhalb Europas zu verteilen. Dazu braucht es ein Gleichstrom-Hochspannungsnetz, das Elektrizität von Windparks und Sonnenkraftwerken ohne allzu grosse Verluste Tausende Kilometer weit transportieren kann. Von Supergrid sprechen die Fachleute. Es wäre quasi die Autobahn und der Zubringer zu den bestehenden Wechselstromleitungen, die für die Feinverteilung zu den Städten und Dörfern verantwortlich sind. Wechselstromnetze eignen sich nur für Strecken über mehrere Hundert Kilometer, weil die Stromverluste aus physikalischen Gründen deutlich grösser sind. «Es ist heute noch eine technische Herausforderung, verschiedene Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungen sicher zu verknüpfen», sagt Christian Schaffner vom Bundesamt für Energie. Das funktioniert bislang nur von Punkt zu Punkt. Beispiele gibt es in China.

Schwankungen ausgleichen

Dort ist eine Linie über 2000 Kilometer in Bau. Oder in Brasilien, wo ein Wasserkraftwerk Gleichstrom über 2500 Kilometer nach São Paulo liefern soll. Auch in Europa gibt es Verbindungen, per Seekabel zum Beispiel in der Nordsee. «Es ist bedeutend günstiger, Seekabel zu verlegen als Hochspannungsleitungen auf dem Land zu bauen», sagt Schaffner. Deshalb würde man sich auch überlegen, einen Supergrid vor allem im Meer vom Norden in den Süden zu legen – mit Anschlüssen zum Netz auf dem Festland. «Für die Schweiz wäre das ungünstig, wir wären nicht mehr die Drehscheibe in Europa», so Schaffner.

Eine Knacknuss wird es zudem sein, die schwankenden Einspeisungen der unterschiedlichen Energiequellen im Stromnetz auszugleichen. Die Versorgung funktioniert nur, wenn Angebot und Nachfrage exakt aufeinander abgestimmt werden. Überschüssige Elektrizität lässt sich nicht einfach speichern. Windstrom beispielsweise pumpt heute bei einem Überangebot in Wasserspeicherpumpwerken Wasser zum Stausee hoch. Bei Spitzenbedarf wird das Wasser wieder abgelassen, fliesst über eine Turbine zur Stromproduktion.

Wunschdenken der Politiker

Für Harald Schwarz von der Technischen Universität Cottbus ist der Traum von einer 100-prozentigen Stromversorgung durch erneuerbare Energie heute reines Wunschdenken der Politiker, solange die Energiespeicherung nicht gelöst ist. In Ostdeutschland, so der Direktor des Instituts für Energieverteilung und Hochspannungstechnik, wird zeitweise vier- bis achtmal mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen geliefert, als nachgefragt wird. Das Sturmtief im Jahr 2008 hatte doppelt so viel Windenergie gebracht, als gespeichert werden konnte. In solchen Situationen werden zum Beispiel Kohlekraftwerke abgeschaltet, weil die Einspeisung von erneuerbarem Strom in der EU Vorrang hat. «Anderseits ist wieder ein bis zwei Monate Flaute», sagt Schwarz.

Es müsse enorm in die Speichertechnologie investiert werden, um die Vision 2050 zu verwirklichen. Zum Beispiel in ein sogenanntes Smart Grid: Ingenieure können sich vorstellen, Plug-in-Hybride – Autos, deren Antrieb sowohl mit Strom als auch mit Treibstoff funktioniert – oder Elektroautos als Zwischenspeicher zu nutzen. Diese komplizierte Stromorganisation verlangt ein ausgeklügeltes System, das den Strom klug verteilt. Dieses Netz soll sich bis in die Haushalte erstrecken: Intelligente Stromzähler, die in vielen Gebäuden bereits in Betrieb sind, messen nicht nur den Stromverbrauch, sondern kommunizieren auch mit den Haushaltgeräten und den Energieversorgungsunternehmen. Ein Kühlschrank kann bei Spitzenzeiten auch mal für Stunden ausgeschaltet werden, ohne dass das Fleisch verdirbt.

Akzeptanz fehlt

Doch das ist alles Zukunftsmusik. Vorerst muss das bestehende Stromnetz in Europa ausgebaut werden, damit mittelfristig das Versorgungsnetz durch zusätzliche Pumpspeicherkraftwerke und durch die neuen Kapazitäten an erneuerbarer Energie nicht zusammenbricht. Das zeigt schon die Dimension der künftigen Investitionen. Allein für den Ausbau des Schweizer Stromnetzes rechnet die Nationale Netzwerkgesellschaft Swissgrid mit Investitionen von 5 bis 10 Milliarden Franken.

Und hier zeigt sich ein weiteres Problem, das auch beim Bau eines Supergrid zu lösen ist: die öffentliche Akzeptanz. «Im Wallis versucht man seit 20 Jahren neue Leitungen zu bauen, ohne Erfolg», sagt Christian Schaffner vom Bundesamt für Energie. Zudem sind die Genehmigungsverfahren in vielen EU-Staaten kompliziert. In Deutschland braucht es für neue Hochspannungsleitungen bis zu 100 verschiedene Genehmigungen. Da geht es eben nicht nur um den Bau, sondern auch um elektromagnetische Strahlung oder Landschaftsschutz. Der Ausbau kommt nur schleppend voran.

Kurzfristig kein C02 reduziert

Doch selbst wenn in Europa die Energiepolitik dieser «Roadmap 2050» folgte, würde kurzfristig keine Tonne CO2 reduziert. Vor 2020, so rechnen Experten, kann die Brennstoffmenge für fossile Kraftwerke nicht reduziert werden. Die Erneuerbaren helfen vorläufig, den Mehrkonsum an Strom zu decken. Und sollten zusätzlich ausgediente Kernkraftwerke kompensiert werden, dann ist man erst recht auf fossile Kraftwerke angewiesen. Erst zehn Jahre später, so die Vorstellung der Roadmap-Autoren, spielten Wind- und Solarenergie eine grosse Rolle, Erdöl hingegen würde dann für die Stromproduktion allmählich an Bedeutung verlieren. 2040 könne auf Nuklearenergie verzichtet werden, und 2050 seien Kohle- und Gaskraftwerke gerade mal noch «klimaverträglich» im Einsatz.

Die Umsetzung solcher Pläne ist letztlich abhängig von politischen Entscheiden, wirtschaftlichen Interessen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Die Entscheide müssen allerdings bald gefällt werden. Die Hälfte der Kohlekraftwerke in Europa ist älter als 30 Jahre. Geht man von einer Lebensdauer von 40 Jahren aus, dann stehen in den nächsten 10 Jahren grosse Investitionen an.